3.12.13

Athener Oktobernovembergedichte




 

Am Tag vor dem Abflug

Ruhe finden zwischen den Stürmen,
Ruhe finden zwischen den Winden
die uns in alle Richtungen zerren
Kurz Wurzeln schlagen, Türen und Fenster versperren
Ehe wir sie  wieder öffnen aufs Neue
Dass uns das Hier und Jetzt umhülle
durchdringe, umfange und gänzlich erfülle
zutiefst erfreue, die Katze, die Stille
Kondensstreifen am Himmel
Geruch von Gras, Laub, Zitronenmelisse
Einatme Seele, dein freier Wille trägt dich
Wie die Erde voll Nüssen und Küssen
Und lässt dich ertragen das Ungewisse
Das Unbekannte, das Dunkel
Das unerklärliche Sternengefunkel
Das Morgen, das, wie eine Kulisse
Noch vage aufdämmert, entfacht, formiert
Und du spürst wie die Angstblase platzt
Und die Trauer sich löst und die
Ohnmacht in dir ihre Macht verliert
Und Ruhe kehrt ein und Kraft macht sich breit
Und das Blut pulsiert und die Brust wird dir weit
Und du spürst die tiefe Zufriedenheit
Die Geborgenheit und du atmest befreit
Ein Stück Kindewigkeit und bist da und gehst fort
Und verreist und bist dort und das Leben ist dir
Ein heiliger Ort. Du, ach, heilendes Wort

Ich bekomme Besuch in der Nacht vor der Reise

Ich kann nicht schlafen, alle Lieben steigen aus dem tiefen Brunnen des Vergessens in mein Herz, schöpfen dort mit hohlen Händen aus den Quellen meiner Seele eines Regenbogens Freude aus der tiefen, dunklen Erde. Wie mit goldenen, hellen Kellen zu den Sternen Himmelwärts.
Und sie schöpfen, bleich und innig und sie lassen mich nicht schlafen, in der Heimat meiner Träume ziehen Wolken über Felder wie ein Zug von weißen Schafen, die ins Nirgendwo verschwinden
Ach, die lieben, frühen Toten, die in meinem Leben hausen, mich auf Schritt und Tritt begleiten – wann werde ich sie wiederfinden, in den namenlosen Weiten?
Nicki, der in grünen Wäldern, zwischen Seen und roten Häusern, mit dem Fahrrad in die Leere wie mit einer alten Fähre, die versinkt, ins Jenseits fuhr, müde, bitter und doch voller Pläne – Rahel, die schon Jahre früher, als sie eben neues Leben dieser Welt gegeben hatte, sich den Füchsen anvertraute und dem Regen und der Sonne – alle Tode, unverdaute…
Auch Susanne, Billes Schwester, die sich in der Wohnung, in der kalten, meiner Eltern, an den Haken des Vergessens und des Morgengrauen hängte… Alles wattetief Verdrängte steigt in dieser Vollmondnacht, vor dem Flug zurück ins alte, neue und schon längst vergangene Leben und lässt mich partout nicht schlafen, zieht mich vor die weiße Seite eines leeren Blatt Papiers, lässt mich, fast ohne zu denken, Worte für das Ungesagte, viel zu wenig laut beklagte, finden und schwarz niederschreiben, dass die Bitterkeit der Dauer und der Trauer, die drin wohnen, nicht auf immer in mir bleiben – dass sie wie papierene Kähne, angelockt vor letzter Reise auf uns warten, an den Peers, dass wir uns die Zeit „verschreiben“.


 

Plötzliche, simple Erkenntnis in Athen

An die Grenzen gehen, leiden
Schmerzen, Zweifel nicht vermeiden
Das Gefühl der Leere und der Schwere lassen
Trotzdem nach den Sternen fassen
Von verbotenen Früchten naschen
Mit vollem Herz und leeren Taschen
Durch die Welt gehen, Augen offen
In der Nacht auf Morgen hoffen
Nähe suchen, Wärme, Lächeln
Nicht nach kalten Gütern hecheln
Zugreifen, Anpacken, Freude genießen
Auch wenn bittere Tränen fließen
Nichts ist schlimm, solange du lebst
Nach dem Besserfühlen strebst
Nimmst und gibst, grad die nichts haben
Geben oft die größten Gaben
Absichtslos, kein Hintersinn
Geteiltes Los, geteilte Freude als Gewinn
Ach, wie frei fühle ich mich jetzt
Mitten ins Hier sein hineingesetzt
Fühle ich mich schon weniger fremd
Weniger gehemmt vom Totenhemd
Das sich als blauer Himmel tarnt
Und schwarz sich in die Seele senkt
Manipuliert, die es umgarnt
Und auf die Todesseite lenkt
Der Starre, der Passivität
Aufwachen, Leute, es ist nicht zu spät
Richtet alle Energie auf die lebendige Anarchie
Das Leben will Autonomie
Kontakt, Entfaltung, Wachsen in Bewegung
Glückliches Dasein ist eine Segnung
Die man sich selber geben muss
Du, Mensch, leb frei, aus einem Guss
Weg mit dem Todesüberfluss!

Das was ich wirklich fühle

Das was ich wirklich fühle, kann ich mit niemandem teilen Nicht mit Worten, nicht mit Bildern, kann es nur widerspiegeln in dürftigen Zeilen und ablegen in meinem Herzensgrund
Das was ich wirklich fühle, geht manchmal von Mund zu Mund, von Haut zu Haut, von Blick zu Blick und so vieles von meinem und unserem Geschick bleibt unverdaut und macht mir die Seele wund
Aber irgendwie, ich weiß nicht wie, kann ich das alles auch weitergeben, irgendwie, fühle ich, sind wir Menschen alle verbunden, wird das Wichtigste geteilt, um doch irgendwie mitempfunden, in den tiefen Momenten von Liebe und Leben, manchmal auch nur für wenige Sekunden.

Fotogedichte

Gesichter der Müdigkeit, des Lichts, des Schattens, der Scham, der Trauer, der Verzweiflung, der Angst, des Zorns. In den Straßen und Plätzen, in den Bussen und der Metro. Bei genauem, mitfühlendem Hinblicken, nicht zu übersehen. Fotogedichte, aus Respekt vor der Würde der Menschen nicht in Form von Fotos, sondern als Poesie. 


Die bettelnde Geistin

Wie ein Geist ist sie plötzlich in der U-Bahn vor mir gestanden mit weißen Haaren, blauem Pullover und weißen Schuhen und bettelte um ein paar Euro und war fast nicht mehr vorhanden, durchscheinend und würdig und bettelte und hatte offenbar sonst nichts zu tun
Sie sprach nur griechisch, freundlich, schüchtern, ihre Scham verwindend, sah sie mir in die Augen, leeren Blickes. Ich gab zwei Euro ihr, sie dankte , still verschwindend, wie eine Fantasiegeburt des Augenblickes.
Doch sie war echt und ihre Not war es auch und stärker als die Scham und Würde. Ich hatte ein Gefühl, ganz flau im Bauch und eine Ahnung, ihrer schweren Bürde, als sie verschwand, in Metrostaub und Rauch..

 

Griechischer Knabe, neben Mutter und Schwester

Die Augen, die, ich hoffe es von Herzen, die Welt noch sehen werden, wenn ich einmal nicht mehr bin, so leuchtend tief, so traurig, voller Schwärzen und doch auch voller Mut und Eigensinn
Die Mutter, die besorgt mit seiner Schwester spricht, über die kleinen Alltagssorgen, stelle ich mir vor Und da, vor mir, dies schmale, kindliche Gesicht, schaut ernst aus der Vergangenheit empor
Was sind denn tausend Jahre, was sind Katastrophen, gegen den Lebensfunken, der die Welt beseelt. Der einzelne ist nur ein Teil unendlich vieler Strophen und ändert doch das Lied wenn seine Note fehlt
Und ändert doch die Zeit und der Geschichte Richtung oft eine Laune, eine wilde Wut und kann die Wirklichkeit verändern, wie die Dichtung und aus Verzweiflung und aus Tod wird Lebensmut.

 

Idylle in Pyräus

In einer Ecke eines kleinen Parks, im Abenddämmern, kaum versteckt, stehen Einkaufswägen, bepackt mit alten Schachteln und  mit Plastik abgedeckt, als Schutz vor Regen und auf der Wiese sitzen alte, braungegerbte Männer, schmutzig, unrasiert, die jetzt noch laut, lebendig, manchmal lachend, Tavli (Backgammon spielen), so wie man sie auf Griechenlandpostkarten gerne sieht. Das was man nicht sieht ist, wie sie sich dann viel später in der Nacht mit ihrer dort am Rand geparkten Fracht unter dem violetten Hafenhimmel statt in saubere, warme Betten, zum Schlafen unter dürre Büsche legen, oder in Abbruchhäuserhinterhöfe. So mancher ist am nächsten Morgen vor Hunger und vor Kälte nicht mehr aufgewacht. 

Rotblonde Romafrau

Frau, unbestimmten Alters, sitzt, Beine weggestreckt, kraftlos  an ein Geschäftsportal gelehnt, auf bunt bewegter Straße und streckt die Hand mühsam nach einer Gabe.aus. Die Menschen eilen vorüber, auch ich habe, ich gebe es zu zuerst es nicht gewagt ihr in die Augen zu sehen, ging einige Schritte weiter, vorbei an einer goldgelb gut gefüllten Bäckerei, um mich dann endlich wieder zu ihr umzudrehen und ein paar Münzen in den leeren Plastikbecher zu legen. Sie konnte ihre Lippen zu einem kleinen Lächeln kaum bewegen, doch sah ich sie dann an und sie war leer und schön, ein Mensch, am Ende seiner Kraft und spendete mir einen Blick zurück, nur für mich gemünzt, voll Scham und Hoffnungslosigkeit und einem Hauch von Dankbarkeit nicht weggeschaut zu haben. Münze an der  ich heute noch trage

 

Monastiraki - Station

Drei Schritte aus der U-Bahnstation hinaus und glitzert dort ein lauer Ausgehabend. Beleuchtete Händlerstände mit Touristenware und unterm Sternenhimmel thront im Scheinwerferglanz Akropolis, die wunderbare, wie eine weiße Klippe, von der aus schon manche dem Tod nicht von der Schippe sprangen. Die hohen Säulen des römischen Marktes als Hintergrund für gut-betuchte, junge AthenerInnen in Ausgehlaune und mittendrin in diesem Bild sitzt ein gestürzter Gott, Golem, Alraune, alles zusammen, in weißes Tuch gehüllt, ein Obdachloser, feixt, wirft sich in Pose, wallenden Bartes und langen, zotteligen Haares, fotogeil  (das ich nicht mache) und alle Welt tut so als wäre das normal. Der Abend, lau und schal,  Musik, Erotik in der Luft, tut unbefangen, doch ihm entströmt, ich rieche es genau, ein intensiver, süßer Leichenduft.




Hafenlos

Hafenlos soll meine Seele reisen, aufnehmen die Schiffbrüchigen, die ihre Reise beenden mussten, oft auf sehr abrupte Weise, Hafenlos, nur dem Traumkompass folgend, er wird ihr unseren richtigen Weg schon weisen
An den Nebelinseln meiner ungelebten (und doch auch im Traum gelebten) Leben, segle ich vorüber, an den Klippen meiner Enttäuschungen, Niederlagen, Verluste, alleine, bis auf wenige Stunden. Einmal sind die Zeiten heller, einmal trüber und mein neuer Weggefährte ist das Unbewusste
Dieses sagt mir, lass dich nirgends nieder, wenn du stehen bleibst wirst du zu Salz und Stein. Nirgends sollst du, ist es noch so schön, verharren, lass es ziehen, das Glück, so triffst du es immer wieder, sonst wird es dich fressen, dich verzehren, es wird dir den Stillstand nie verzeihen
Wenn du stehen bleibst, bist du dem Schicksal ausgeliefert, nur wenn du wo fortgehst kannst du wiederkehren, kannst du offen bleiben für das Unbekannte, für die anderen, die an allen Ecken laut geboren werden oder still verrecken
Nur wenn du dich selbst bewegst kannst du die Welt bewegen und so wandern wir getrost, getrennt, zusammen allerwegen in das nur uns Anverwandte

 

Liebe

Die Liebe dauert, überdauert alles, das eigene Leben, Schatten, Höllen, Tiefen, Wir sind nur Tropfen eines Wasserfalles, die einen Sonnenstrahl zu Hilfe riefen, um einen Regenbogen zu entfachen, Kinder aus Licht und Farben, die, auch wenn wir schon längst erloschen sind, an unserer Stelle, lachend unsere Liebe weitermachen. Liebe ist Helle, Freude und Wärme und ein Gefühl im Bauch, als würden wilde Vogelschwärme nisten im Rosenstrauch

   

Sicherheiten

Ein Stück Brot, sauberes Wasser zu trinken, ein Freund in der Not, ein Bett, um darauf in Träume zu sinken Ein Dach, das den Regen abhält, ein Ofen oder eine Decke, die die Kälte abhalten, das ist des armen Menschen ganze Welt und die liebe Sonne und das freie Himmelszelt, gegen die Menschen und gegen die Naturgewalten. Das sind des Menschen einzige Sicherheiten, heute und in allen Zeiten.




Regen in Athen

Es regnet in Athen
Es regnet auf die weißen Rosen
Und auf die Obdachlosen, die da um Almosen
Schlange stehen

Es regnet in Athen
Auch wenn die Sonne scheint
So manche Seele weint, mit anderen vereint
Wer hinhört, kann es sehen

Es regnet in Athen
Die Stadt ist eine Katze, ganz durchnässt
Die sich scheu fallen lässt oder wild, mit Protest
Bereit ist ihren letzten Gang zu gehen

Es regnet in Athen
Europa bleibt nicht trocken
Die heute noch bequem in Fernsehsocken
Ganz angenehm und satt vor ihrem facebook hocken
Könnten bald selbst im selben Regen stehen

 

Am Platz vor der Eisenbahnstation Marousi

Ein Abend, so als wäre ich eben
Woanders hingegangen, um befreit zu leben
Ein Feierabend, lau, entspannt, obwohl es nichts zu feiern gibt
Außer dem Sichelmond und seinem Abendstern
Vor den sich gerade keine Wolke schiebt
An einem Kiosk haben zwei sich gern
Die Läden in den Einkaufsstraßen leuchten: hol
Dir was du brauchst, wir haben für dich offen
Traumkleider, Wunschkaffee, Zornwurzeln…
Noch ein paar Flügelschläge zartes Hoffen
An diesem Abend fühle ich mich wohl
In dieser Stadt habe ich mein Selbst getroffen
Und auch mein Fremdes ist mir plötzlich nah
Ich kann es in meinen Gedichten lesen
Als wäre es schon immer da gewesen
Vielleicht, wer weiß, war`s ja schon immer da

 

Gedanken nach dem gemeinsamen Musikhören

Die großen Worte fallen mir nicht ein
Die Liebe ist ein Traum, geboren aus dem Tod
Sie macht zu einer Blume jeden Stein
Und dem Ertrinkenden ist sie ein Rettungsboot

Sie ist nur Illusion, ein schöner Seelenpfeil
Der einmal abgeschossen nicht mehr dir gehört
Die Liebe macht genauso wieder heil
Was sie im nächsten Augenblick zerstört

Die Liebe ist des Lebens Quintessenz
Dort wo sie hinfällt ist Verzauberung
Dort wo sie auftaucht herrscht der Lenz
Und wer sie einmal fühlte, der bleibt immer jung

 

 

Sonntag in Athen

Sonntag in Athen
Die Menschen laufen Marathon
Alle laufen wir unseren Sorgen davon
Auch die Sonne läuft und bleibt nicht stehen

Vergangenheit liegt in den Straßen und in der Luft
Klarer Himmel und Wolken, langsamer fließt der Verkehr
Ein seltsamer, goldener und blauer Sonntagsduft
Und in meinem Herzschlag spüre ich das Meer

Das Hässliche wird schön und das Leere wird voll
Und das Schwere wird leicht. Wir laufen alle Marathon
Am Sonntag langsamer und das Ziel bleibt unerreicht
Und wir geben uns einen Sinn und sagen: es ist alles so wie es sein soll

Sonntag in Athen
In den Sackgassen schlafen die Hunde
Ich fahre mit dir im Auto und wir können den Weg nicht finden
Verloren drehen wir Runde um Runde
Wir fahren und fahren und bleiben nicht stehen
Und langsam schließt sich Wunde um Wunde
Die uns so lange schon verbinden
Und es kann vielleicht Neues entstehen
An einem Sonntag in Athen

 

In der Metro - Augen, Blicke

Diese Augen, diese Blicke
Kommen aus den tiefsten Schmerzen
Gehen mir zutiefst zu Herzen

Diese Augen, diese Blicke
Singen alte Trauerweisen
Und erzählen Lebensreisen
Von Abfahrt und von Wiederkehr
Liebe, Tod, Geburt und mehr

Diese Augen, diese Blicke
Wache Nächte, leere Zimmer
Schluchzen unter Sternenschimmer
Bahngeleise, Hafenmauer
Familienfeste, Äste, Trauer

Diese Augen, diese Blicke
Jagdgewehre und Gebete
Eine Fähre, Wind, der drehte
Und Gesichter, weggedrehte
Diese Augen, diese Blicke
Badezimmer, Stühle, Stricke
Niemals abgeschickte Briefe
Meerersbuchten, abgrundtiefe

Diese Augen, diese Blicke
Ach mir wird das Herz zum Mühlstein
Wenn ich diesen müden Augen
Meinen Blick entgegenschicke

Diese Augen, diese Blicke
Längst vergangener, besserer Zeiten
Süßer Liebesheimlichkeiten#
Diese Augen, diese Blicke

Was wird morgen, wer wird borgen
Essen, Arbeit, wie besorgen

Diese Augen, diese Blicke
Zukunftsblind, wie von Skulpturen
Kein Orakel, nicht Auguren
Wissen Ausweg aus der Nacht
Höchstens aus dem U-Bahnschacht

Diese Augen, diese Blicke
Niemand weiß wann wird es besser
Leises Flüstern, blasse Spuren
Pillenschrank und Fleischermesser
Zeitlos kalt, ticken die Uhren
Diese Augen, diese Blicke
Die Verschwundenen, die Gefundenen
Niemand weiß wohin sie fuhren
Lasten allen auf der Seele
Schnüren allen zu die Kehle

Diese Augen, diese Blicke
Iphigenie  alle diese
sanft empört in den Gedanken
Gehen würdig, ohne Wanken
Frei in ferne Paradiese
Diese Augen, diese Blicke
Opfern sich für uns, wir danken
Wartend auf die neue Brise
Die uns wieder vorwärts weht
Für die Opfer kommts zu spät
Diese Augen, diese Blicke
Ach wir sollten nicht mehr schweigen
Nicht mehr warten, neues wagen
Laut unsere Empörung sagen
Verblendeten Bedrückern zeigen
Dass es auch ganz anders geht
Manchmal ändern Augenblicke
Die Geschichte und Geschicke
Und ein Wind der Freiheit weht



Unter der Akropolis in einem kleinen Kaffe

Abschied ist eine kalte Angelegenheit
Weil etwas zu Ende geht, wenn`s auch nur weitergeht
Weil uns etwas weiterweht, nichts bleibt bestehen
Und das Ziel ist noch nicht erreicht
Dass der Abschied nicht unser Herz erweicht
Müssen wir es schützen mit Kälte und Panzerungen
Sonst wäre es ja schon ganz zersprungen
Von den vielen Abschieden, die unser Leben abnützen
Sonst würde es ja schon nicht mehr schlagen
Und alle Freude vergessen haben
Könnten wir den Abschied nicht ertragen
Wären wir schon lange begraben
Aber das Gute am Abschied ist der
Vorgeschmack auf Wiederkehr
Und das Gute an guten Erfahrungen ist
Man will davon mehr.-

 


Unter der Akropolis
Pärchen in den Wellen
In den Wellen unserer Haare
Wellen wunderbarer Jahre
schlafen wir den Schlaf des Lebens
Nehmens, Gebens, Nehmens, Gebens
schlafen wir Revolutionen,
auf und ab der Wellenspiele
Sind wir tot?, ach nein, wir schlafen
träumen von dem stillen Hafen
träumen, rings umringt von vielen
die wie wir von Freiheit träuumen
offenen, bunten Lebensräumen
einer Heimat - unsere Erde -
träumen, dass es Wahrheit werde
wie ein Lied aus fernen Tagen
eine Hoffnung, ein Erbarmen
träumen, dass wir uns umarmen
ungeachtet aller Grenzen
Sprachen, Launen, Differenzen
dass wir in das Lebensboot
alle miteinander passen
Liebe siegt über das Hassen
das uns allerorts bedroht
selbst die Liebenden verroht
Alle Reime fahren lassen
ungereimt, doch fest verleimt
ungeahnte Fernen lernen
hingegeben unser Leben
in Vertrauen, Neues bauen
Kurzes Dasein voll genießen
Ach, wir träumen, ach, wir schlafen
Ach, wie ist`s, dass wir uns trafen
unsere wunderbaren Haare, diese Wellen
diese Jahre zueinander sich gesellen
ob im Hellen, ob im Dunkeln
Sonnenschein und Sternenfunkeln
überschreiten wir die Schwellen
aus dem Nichts ins Ungewisse
in die Zukunft, ins Erwachen
wo wir uns das Ganze schön
und richtig häuslich machen
wo wir lachen, nicht mehr töten
wo wir, ohne zu erröten
ohne Eifersucht und Kämpfen
unser Leben liebend leben
nehmen, geben, nehmen, geben
und die Zeit auf dieser Erde
allen Menschen, wirklich allen
so zum Paradiese werde.

Sonne ist jetzt ausgetrunken
Ouzo ist im Meer versunken
Abend ist herabgefallen
Liebende sind abgedunkelt
Sterne haben angefunkelt
und ich stehe auf und gehe
anzusehen aus der Nähe
dieses Paar im Lockenmeer
meinen Träumen hinterher.

 



 

Eine Ahnung

Der Abend fällt auf diese Welt
wo nichts mich hält
ein Hund, der bellt
ein Lied, das scheint
Musik, die weint
Die Schatten kriechen
von der Akropolis hinab
Wieviele Griechen ersehnen
Nur noch das Grab

Der Wind weht, Winter kommt
die Schatten verkriechen sich
in den Ruinen, verstecken sich
vor all zu Satten, die nicht verziehen
ihre Minen, die noch niemals
zu leiden hatten.
Kälte, Hunger, Hass und Scham
Wer noch niemals zu Schaden kam
der kann nicht wissen, was das heißt
wenn man sein Herz den Hungerkatzen
vor die Nase schmeißt
der hat ein ruhiges Gewissen
wenn er den Wohlstand aus sich scheißt
und mehr frisst als er saufen kann
Der hat kein Herz für den armen Mann
der in den Straßen still verreckt
in Abbruchhäusern sich versteckt
in Parks kampiert, im Regenguss
der Nachts sich schmeißt in einen Fluss
der diese Welt nicht mehr aushält
die Sonnenstrahlen und das Glück
der anderen, die auf der hellen Seite wandern
der voll gefüllten Galerien und Schaufenster
die alles haben, ohne zu denken
teure Geschenke, Weihnachtsgaben
die ihre feisten Bäuche laben
und nichts und niemanden um sich sehen
auch wenn sie an der ärmsten Armut
erhobenen Kopfes vorübergehen
Ihr werdet das nicht überstehen
Einmal ist zuviel zu viel,
dann steht das Volk auf-
aus des Spiel!

 

Griechisches Haiku

Iphigenia
Ein stilles Opfer bringst du
Scham für uns alle

 


 

 

 

 

 

 

 

 

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