8.5.20

„Beule gangen“






























Ende 1944 sind wir von der Panzerausbildung im Burgenland desertiert.

Interview mit meinem Onkel Franz Paukert (1930- 2002), vom Frühjahr 1983 


Franz: Wir hatten die vormilitärische Ausbildung, so hat das geheißen und von dort wären wir zum Volkssturm mobilisiert worden. Um das zu verhindern, sind wir, eine Gruppe von Freunden, dann hergegangen und haben uns immer freiwillig zu Ausbildungen gemeldet.

Zuerst bei den Fliegern. Da haben wir einen Fliegerkurs gemacht als Segelflieger, so haben wir begonnen. Und als wir gesehen haben wir machen Fortschritte, habe ich mich zum Rapport gemeldet. Dort habe ich gesagt, mich freut das nicht mehr bei den Fliegern, das sagt mir nicht zu. Ich ginge lieber zu den Panzern. Und die haben mich gefragt wieso auf einmal? Ich habe gesagt: mir ist es lieber auf dem Boden zu kämpfen, in der Luft taugt mir das nicht. Dann haben wir einen Bescheid bekommen, dass wir zur Panzerausbildung abkommandiert werden. Dann sind wir nach Klein-Neusiedl gebracht worden. Dort war der Panzerunterricht. Dort haben wir mit der Schule begonnen, aber das Ganze ist sehr unsympathisch gewesen. Na, dann haben wir wieder dasselbe gemacht. Ich habe mich zum Rapport gemeldet und dort habe ich gesagt: die Panzer taugen mir auch nicht, ich glaube die Infanterie ist für mich besser. Und von der Infanterieausbildung sind wir dann „beule gangen“ (desertiert).

(Meine Mutter Elli, seine Schwester): Zwei Monate wart ihr dann versteckt in den Kleingärten. Du bist einmal gekommen, hast den Militärmantel angehabt und das Zivilkappel auf dem Kopf…
Franz: Ich weiß nicht mehr genau. Ich hätte gesagt, das war gegen den Winter zu. Im Jahr 44. Ja, da sind wir dann in der Nacht „beule gangen“ (desertiert) und da sind wir zum Bahnhof in Rust gekommen, in der Nacht haben wir uns hingeschlichen und da sind wir erschrocken. Da war eine ganze Partie (Gruppe), das war eine Kompanie und ein paar Offiziere waren dabei Und die waren richtig auf Zack, Habt acht und was weiß ich, alles mögliche. Und da haben wir es probiert.
Weißt du was, sag ich zum Peter, zu fünft waren wir, weißt du was, wenn der Zug einfährt und die fangen an sich aufzulösen, mischen wir uns unter sie, denn die Uniformen von uns waren die gleichen wie ihre, nur Kapperl habe ich keins gehabt, das habe ich vergessen. Und tatsächlich, der Zug ist eingefahren und die Kompanie hat das Kommando bekommen den Zug zu besteigen, und wir waren schon dabei und sind mit ihnen zugestiegen. Sagt einer von denen zu uns:

He, was macht denn ihr zwei da?
Sage ich: Was sollen wir machen, wir fahren nach Hause.
Seid`s „beule gangen“?
Na freilich, was hast du denn geglaubt, sage ich, wo fahrt`s denn ihr hin? (lacht)
Sagt er: Wir gehen auch alle „beule“ (Onkel Franz lacht laut)

Haben die das so organisiert gehabt, als ganze Kompanie, richtig offiziell, sind alle ausgerückt und sind desertiert. Und dann waren wir in Wien und ich habe dann die Erika (Schwester) kontaktiert, denn unsere Mutter durfte nicht wissen, dass wir desertiert waren. Und den Winter über waren wir in den Kleingärten versteckt und haben kleine Sabotageaktionen durchgeführt, bis zum Kriegsende halt.