21.5.22

 Willi Resetarits, Kurt Ostbahn +

Rost & Draht

 













24. April 2022

Heute am frühen Nachmittag geschrieben, ehe ich am späten Nachmittag mit Entsetzen und Trauer vom Tod Willi Resetarits erfuhr. Lied ohne Namen ist der Titel eines großartigen peruanischen Filmes über die Suche einer jungen Quechua Mutter nach ihrem geraubten und später zur Adoption verkauften Baby, den ich gestern abend im Filmcasino gesehen habe und der mich sehr berührt hat. Das kleine vom Nachhall dieses Filmes inspirierte Gedichtchen widme ich dem Willi.

 

Lied ohne Namen

 

Das hohe Vergnügen am Leben zu sein

Wie das Grün in den Ästen

Allein, nicht allein

Sein Leben vertäuen, bereuen nichts bereuen

Ein Gast unter Gästen

Zwischen Hütten, Palästen

Komödien Dramen

bis zur Stille singen

Es zu Ende bringen

Mit altfrischem Klang

Bis zum Neuanfang

Das Lied ohne Namen

Mit dem wir im Herzen

Auf die Erde kamen

In Freude und Schmerzen

Mit dem Lied ohne Namen

 

24. April 2022

 

So schnö kaunns geh

 

So schnö kaunns geh, wors no so sche

So schnö is aus, so schnö bist z'haus

Klopfst aun de Tir und waßt ned wia

Da gschicht, wieso des Herz dia bricht

 

Dabei war do no no so vül z'tuan

Du bist do ned zum steam gebuan

De Wöd draht si a ohne di

Daunk sche fia ois, um di want sie

 

Und ned nua sie, mia aundan a

Willi, du losst uns ned alla

Du host as guat durt wo du bist

Weil du bist furt aus Schmorrn und Mist

 

Ka Oamut, kane Kriege mehr

Ka Druck, ka Hoss durt. nix is schwer

Weu in unsra Erinnerung, lebst weida, Willi, ewich jung

Und i und jeda klane Huatl wird gressa wean

Mit`n Ostbaun-Kurt`l

 

So schnö kaunns geh, wors no so sche

So schnö is aus, so schnö bist z'haus

Klopfst aun de Tir und waßt ned wia

Da gschicht, wieso des Herz jetzt bricht

 

25. April 2022

 

Danke Willi

 

Danke Albert Hosp und Musikredaktion von Ö1. Eure Sendung über Willi macht die Trauer gerade erträglicher. Hosp`s samtene Stimme tröstet professionell und freundschaftlich. Gehört gehört, echte Empfindung und Respekt. Wir, die Zivilgesellschaft, werden jetzt ohne Willi Resetarits weitermachen müssen. Seine bescheidene Beharrlichkeit und sein unerschütter-licher Einsatz gegen jede Form von Diskriminierung, Ausschluss,  Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit, werden uns begleiten wie seine Lieder. Ein Mensch und Ausnahmekünstler ist nicht mehr und doch so präsent. Danke Willi!

 

71er Tramway

 

Fahrst min 71er jetzt ausse in de entern Grind

Wia da Hummelflug in da Tramway der sein Weg ned findt

Vurbei an de Stanmetz' und Gärtner, obe in Zenträu

und duat büslst wia mia olle fia a launge Weil

 

De Reh kumman di besuchn und de Eichkatzln a

Weilst nie brav warst kriagst a Eahngrab mid an Potzn Sta

Und daun wartst da drunt im Finstern bis de Sunn aufgeht

Weil zum Begräbnis, zum Begräbnis kummt ma nie zu spät

 

Olle Leid san pünktlich kumma, nua du bist ned do

Du bist obogn bei da Ostbaun, gaunz inkognito

Ka Mensch waß, wo du hi bist, oba du bist wo hi

Und mia stengan do und wartn und mia reahrn um di

 

 

Und mia stengan do und wartn und mia reahrn um di

 

26. April 2022

 

I wü no leb`n

 

I mog des easte Liacht vom Tag

A waunn i's ned oft siech

Des durch olle Ritzn kummt

Wia a ausghungerts Viech

 

I mag des Wochsei in da Nocht

Wo ma nua sein Herzschlog gspiat

I bin ja nua deswegn aufgwocht

Weil i wart auf a neiches Liad

 

Was im Frühling endlich aufbliaht

 

Und jetzt schlof i nimma ei

Weil i nimma schlofn kau

Und i gschpia dass i mi frei

Weil de Nocht wird laungsaum grau

 

Bald is hö und i bin no dabei

Mittndrin im bunt`n Lebn

Und i gschpia wia i mi gfrei

Muass den Leffel no ned ogebn

 

I deaf lebn, i deaf lebn, i wüll no leben

 

 

29. April 2022

 

Meine Zeit

 

Meine Zeit ist die Zeit, wo ich da bin für mich

Wo ich fühle wer ich bin, ist die Zeit ohne dich

Meine Zeit ist die Zeit wo ich ganz allein bin

In meiner Haut, meiner Seele ganz tief drin

 

Die allein mir gehört, wo mich niemand stört

Wo ich atme und döse und träume und sinne

Wo ich riesle und welke, immer neu beginne

Meine Zeit ist die, die ich mit niemandem teile

 

Das Gedicht das ich schreibe, Zeile für Zeile

 

Du brauchst auf sie nicht eifersüchtig zu sein

Nimm dir deine, lass mich mit meiner allein

Wenn ich leer bin, füllt sie mich wieder auf

Lass mir Zeit und Luft, dem Herz freien Lauf

 

Wenn du mir keine Zeit lässt, gehe ich ein

Vertrockne, verstaube, werde kalter Stein

Lass mich atmen, lass mich träumen allein

Dann werde ich auch morgen noch bei dir sein

 

Lebendig, beweglich, kann wieder was geben

Lass mir Zeit, lass mich frei, lass mich leben

Nur so kann ich dich morgen wieder lieben

Lass mir meine Zeit, lass mich unvertrieben

 

29. April 2022

 

Frühling am Friedhof

 

Mama und Papa im Abendlicht

In den Blättern der Pappeln

Im fahlblauen Himmel

Ich finde euch nicht

 

Ich finde euch nie mehr

Und doch fühle ich euch, jeden Tag

Etwas zieht uns hin zu den Gräbern

Zur Erde und zur Asche

Zu den golden glitzernden Buchstaben

Zur Illusion des Ewigen im Vergänglichen

 

Gibt es Trost? Das Krächzen der Krähen

In unseren Ohren? Die Gewissheit, dass über kurz oder etwas länger

wir auch dort sind wo ihr jetzt seid, oder nicht seid

 

Die Kriege haben diesen Erdball umgeackert

Unter den Fliederbüschen haben wir die Liebe erlebt

In den Wiesen sind wir gelegen unter anderen Wolken

Ist das uns Trost? Vielleicht

Vielleicht ist das so wunderbar Banale des Kommens und Gehens der Trost

 

Wissen, nein, hoffen, dass unsere Kinder und Enkeln

und die vielen noch ungeborenen Kinder dieselbe Chance haben werden wie wir.

zu atmen, zu riechen, zu schmecken, zu sehen, zu fühlen den Schmerz und die Liebe

diese nie fertige Welt um uns und in uns.

 

Mama und Papa, Omama, Opapa, ihr alle Freundinnen und Freunde, die ihr gegangen seid, ich umarme euch in Gedanken, ihr singt mir im Blut, ihr klopft in meinem Herzen ihr seid in mir da, wie dieser Friedhof im Frühling. Adieu, dank euch, leben wir noch und wenden uns den Lebenden zu.

 

 

 

30. April 2022

 

Auf dem Weg zur Praxis

 

Intensiver Geruch von Heu durchdringt Staub und Mief der Stadt

Licht und Schatten halten sich in Harmonie die Waage

Frühling setzt sich schmatzend zu Tisch, noch lange nicht satt

Fern tobt blutiger Krieg, hier färbt Goldlicht die Tage

 

Wir warfen die Schultaschen weg, sprangen ins duftende Heu

Warm roch frischgeschnittenes Gras, nach Frieden und Glück

Leben war weitgehend unbekannt noch, jeden Tag frisch und neu

Jetzt bringt dieser intensive Duft am Morzinplatz die Kindheit zurück

 

Nah sind sich Anfang und Ende, Leben und Tod, Absicht und Zufälligkeit

Dazwischen liegt Alltag, egal an welchem Punkt der Welt

Nah sind sich Friede und Krieg, Freude, vernichtende Grausamkeit

Stellt sich Überraschendes ein, und wir haben es gar nicht bestellt

 

Intensiver Geruch von Heu durchdringt Staub und Mief der Stadt

Licht und Schatten halten sich in Harmonie die Waage

Frühling setzt sich schmatzend zu Tisch, noch lange nicht satt

Fern tobt blutige Krieg, hier färbt Goldlicht die Tage

 

 

1. Mai 2022

 

Jetzt is a fuat, da Willi-Kuat

 

Da Willi tät si söba kane Traualiada singa

Da Willi zeigt dem Tod hechstns sein Mittelfinga

Steigt ei in schwoazn Autobus, pledert mit anj Schuss in Lethefluss

Spüt kan gscheidn Habakuk, zeigt uns sein Oasch und schaut ned zruck

 

Jetzt is a fuat da Willi-Kuat, im Chevi ohne Sichaheitsguat

Mia schaun in Auspuff, san no do, und er is jo scho vua uns duat

Zwischn d' Woikn in da Heh im Feia, mit da Rosie im Café

Und im Geblödel mitn Brödel tuat eahm ka Ban mea weh

 

A Eahngrob tät er, ums vareckn ned woin, de Ehre soi da Teife hoin

Buam, gstuam is gstuam, hauts mi jetzt endlich in de Gruam

Waunst dod bist haum di olle gean do rean de Krokodü in Wean

Zu Lebzeitn sans zu dia mies, waunst dod bist is um di a Griss

 

Jetzt is a fuat da Willi-Kuat, im Chevi ohne Sichaheitsguat

Mia schaun in Auspuff, san no do, und er is jo scho vua uns duat

Zwischn d' Woikn in da Heh im Feia, mit da Rosie im Café

Und im Geblödel mitn Brödel tuat eahm ka Ban mea weh

 

Bist gor oam und brauchst Asü, is todsicha, dass di kana wü

Aundas is, bist prominent, da kummans um a Söfie grennt

I brauch ka Denkmoi, Stroßn, Plotz, nur heats endlich auf mit Flüchtlingshotz

Und gehts den Faschos ned am Leim, nua so wer i am Lebn bleim

Und ned auf olle Engel speim

 

Jetzt is a fuat da Willi-Kuat, im Chevi ohne Sichaheitsguat

Mia schaun in Auspuff, san no do, und er is jo scho vua uns duat

Zwischn d' Woikn in da Heh im Feia, mit da Rosie im Café

Und im Geblödel mitn Brödel tuat eahm ka Ban mea weh