21. September 2014
Laizistisches
Gebet
Nimm dir nicht das Leben, nimm dir
das Leben!
Sei nicht so gestresst, sei nicht
so gehetzt.
Nimm dir Zeit für dich
Achte auf deine Kraft und deine
Gesundheit
Nehme die Natur wahr, genieße sie
Freue dich, lache
Nimm dir Zeit
Lasse den Fluss fließen
Setze dich ins Gras, schaue ihm zu
Setze dich in Bewegung
Tue dir gutes
Sei nicht so gehetzt
Du hast nur dieses Leben
Und du wirst ganz sicher am Ziel
ankommen
Male dir das Ziel aus
Oder besser – die Ziele
Wenn du vom Weg abkommst, gerate
nicht in Panik
Es gibt viele Wege, die es wert
sind gegangen zu werden
Sieh nach ob die Richtung stimmt
Gehe der Sonne und deinem Herzen
nach
Sei nicht zu streng zu dir selbst
Das Leben ist streng genug
Lächle so oft du lächeln kannst
Lache dem Anderen zu
Lächle dir selbst zu
Nimm dir nicht das Leben, nimm dir
das Leben!
Es gibt so viel mehr Arten das
Leben zu leben
Als es Arten gibt zu sterben
Wenn du stirbst ist nichts mehr
Nicht einmal alles schwarz
Wenn du lebst: der Himmel, das Glas
Wasser
Das Gras; die Sonne, Spatzen,
Wolken
Ein Stück Brot, Regen im Gesicht
Der Fluss, der See, das Meer
Der Hügel, der Berg, der Baum, der
Wald
Ein Blick, ein Lächeln, vielleicht
ein Kuss
Ein Händedruck bestimmt
Ein Gesicht, jemand, der dir
zuhört, der dich wahrnimmt
Das Kissen, die Bettdecke, die
Katze, der Mond
Lieder, Musik, ein Stern
Es gibt Milliarden Möglichkeiten zu
leben
Und nur eine Art tot zu sein
Deshalb: Nimm dir nicht das Leben,
nimm dir das Leben
Das du kriegen kannst
Nimm es und schätze es
Und liebe es
Und liebe dich
Und die anderen auch
Zu Leonard Cohens 80er
In irgendeiner Stadt einfach da
sein
Unter den Füßen die Welt tragen
Und alle Elemente in sich spüren
Die das Weltall zu bieten hat
Nicht mehr und nicht weniger
Nicht hungrig, nicht satt
Wie ein flackerndes Licht
Zwischen Dämmerung und Nacht
In dieser Stadt, in meiner Stadt
Spüre ich unter dem Beton das Meer
Und in den Straßen verkehren
Autos und Busse und Flugechsen
Ich fühle mich leicht und schwer
So müssen sich fliegende Bäume
fühlen
Die ihre Wurzeln in den Mond
schlagen wollen
Unter dem Asphalt meiner
Traurigkeit
Spüre ich die tiefen Flüsse des
Seins
Und in meinem Alleinsein
Branden die erloschenen Völker
An den Vesuv der Liebe und der
Dauer
In meine Worte mischt sich der
Irrsinn der Zeit
Mit einer Höflichkeit, die ich mir
selbst nicht zugetraut hätte
Ich würde mich gerne fallen lassen
ins Irgendwohin
Und halte mich eigentlich fest
An den Traumrändern der
Hoffnungslosigkeit
Wir alle haben Angst vor dem Ende
Und wenn wir unsere Nächsten
Nicht bewahren können vor dem
Verschwinden
Werden unsere Beine schwer wie die
Seele
Und wir hängen nur mehr an einem
Fingerglied
Über dem Abgrund
He, ich habe losgelassen und
Seltsam – ich fliege
Und lande noch einmal
Mitten in dieser Welt
Wieder
und wieder
Ich habe alles verloren
Und bin wieder geboren
Wieder und wieder
Mit jedem Atemholen
Feuer und erloschene Kohlen
Wieder und wieder
Mit jedem Schlafen gehen
Muss ich ein wenig vergehen
Wie gesungene Lieder
Mit jedem Morgengrauen
Muss ich die Welt neu bauen
Mit neuen Liedern
Und habe ich alles gesagt
Bleibt noch immer ein Tag
Neues zu fragen
Bleibt noch immer ein Mundwinkel
Zeit
Eine Falte Ewigkeit
Dir was Liebes zu sagen
Ob es reimt oder nicht
Oder schließlich zerbricht
Alles muss mal verwittern
Glück ist wie ein Gedicht
Wie die Liebe, das Licht
Nicht einzugittern
Ich habe alles verloren
Und bin wieder geboren
Wieder und wieder
Mit jedem Atemholen
Feuer und erloschene Kohlen
Wieder und wieder
Kindliches
Daseinslied
Was auch geschieht
Was mir auch blüht
Ich bin da
Solange ich treibe
Solange ich schreibe
Ich bin da
Wenn mich wer fragt
Was hast du gesagt
Ich bin da
Wenn einer mich sucht
Oder mich verflucht
Ich bin da
Wenn der Himmel vergeht
Wenn der Wind mich verweht
Ich bin da
Und wenn du mich brauchst
Und nicht untertauchst
Ich bin da
Wenn du mich verlässt
Wie ein Blatt sein Geäst
Ich bin da
Ich bin da und bin fort
Bin an keinem Ort
Ich bin da
Nirgends und überall
Auf jeden Fall
Irgendwo da im All
Bin ich da
Und bin ich einmal nicht mehr da
Bin ich dir trotzdem nah
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