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Heute vor zehn Jahren ist meine Mutter Elli im 74. Lebensjahr
gestorben. Sie war die letzte von fünf Geschwistern, Tochter einer
kleinen, drahtigen Frau aus dem Waldviertel und eines aus Tschechien
stammenden Arbeiters. Sie hat, wie viele andere ihrer Generation, bittere
Armut, Hunger und die Schrecken des Krieges als Kind und Jugendliche
kennengelernt. Ihre Eltern waren engagierte Sozialisten, der Vater
kämpfte 1934 im Simmeringer Schutzbund gegen die Heimwehrfaschisten und war
danach als Kommunist im Widerstand. Sie war eine einfache, fröhliche,
offene Frau mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, menschlichem
Engagement und einer großen Intelligenz des Herzens. Bis zuletzt hat
sie, wie auch mein Vater, Anteil genommen an den Entwicklungen die die
Welt bewegen, stand unbeirrbar an der Seite der Schwachen und Unterdrückten.
Sie war Zeit ihres Lebens die Verkörperung des "Gutmenschen" und der
"Willkommenskultur" und hätte für die derzeitige Asylpolitik der
Obergrenzen und der hetzerisch-kriegerischen Eskalationen nur
grenzenlose Verachtung und abgrundtiefe Abscheu. Mutter, Du fehlst mir.
Der Morgen nach Mutters Tod
Graue Wolken ziehn im Fenster
Winterhimmel, Welt ist leer
In mir Trauer und Gespenster
Meine Mutter ist nicht mehr
Soviel Tage grüner Gärten
Lachen und Geborgenheit
Soviel Kraft der unbeschwerten
unversehrten Kinderzeit
Alles hast Du mir verziehen
Mich gedrückt an Deine Brust
Deine Liebe mir geliehen
Immer Rat und Trost gewusst
Grenzenlos war Dein Vertrauen
Ich war Deines Lebens Sinn
Ach, ich kann es noch nicht glauben
Dass ich jetzt alleine bin
Meines Herzens Gartenplätze
Vater, Mutter, bleiben frei
Wo ich mich zu Tische setze
Sitzt ihr Beiden mit dabei
Zeit der Kirschen, große Runde
Alle, die verschwunden sind
Sind auf ewig mit im Bunde
Bin auf ewig euer Kind
Und ich weine und ich lache
Seid in meiner größten Liebe
Ob ich schlafe oder wache
Bleibt mir, wenn mir nichts mehr bliebe
Ihr seid meine Kraft und Stärke
Mir auf ewig einverleibt
Mit dabei in jedem Werk
Und Wolke, die vorübertreibt
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