26.10.14

X-Day



26. Oktober 2014, Nationalfeiertag, Tag der Fahne fälschlicherweise, der Tag an dem der Abzug des letzten Besatzungssoldaten aus Österreich 1955 sozusagen - die Befreiung? - Österreichs gefeiert wird. In Wahrheit haben die Alliierten und der, leider nur von einer Minderheit geleistete, Widerstand Österreich von der Naziherrschaft befreit. Und heute stehen die Nachkommen der Kriegsgeneration, die mehrheitlich dem Nationalsozialismus auf den Leim gegangen war, nach der gestrigen Hurra-Patriotismus und Trachten-Sendung des ORF, beim Nachfolgespektakel in der Kälte auf dem sogenannten Heldenplatz, von dessen Balkon Hitler seine berühmt-berüchtigte Anschlussrede gehalten hat, hören sich Militärmusik, die noch nicht eingespart ist, irgendwelche Klugscheißerischen Klischee-Lügen-Reden über Neutralität, Unabhängigkeit, den Frieden und die Sicherheit bringenden Tugenden des österreichischen Bundesheeres, dieser traurigen Lachnummer, und der Bedeutung der Miliz für den Katastrophenschutz, an, lassen Würsteln im Bier schwimmen, können den Eurofighter, den sie liebevoll von ihren Kindern streicheln lassen wollten, nun doch nicht anhimmeln oder evtl. auf wienerische Art anmatschkern, weil es zu teuer war ihn hierher zu kutschieren (nicht etwa ihn anzuschaffen, Schüssel bewahre!) und stehen, ohne es zu merken, in ihrem kleinen, vermeintlich noch nationalstaatlichen Landeszipfelchen, dessen blutrotweißrote Fahne sie in den Oktoberhimmel halten und ohne die Bundeshymne mit dem Zusatztext von den berühmten Töchtern zu singen, sie mümpfeln nur den Urtext mit, dem geistigen Nationalkulturheroen Gabalier verpflichtet, ohne es zu ahnen, einem verfetteten, mit Herzgleichschrittmachern ausgestatteten "ErVolksherzen" gleich, inmitten eines  verwirrten, sich auflösenden und zunehmend kriegerischen Europa, in der allergrößten, weitgehend noch unbemerkten Katastrophe mit ungewissem Ausgang, nämlich der sich mit Tschindrara und Krach-wumm auflösenden postkapitalistischen und postimperialistischen Herrschaftsstrukturen und ihrer propagandistischen Paradigmenhaubitzen, der uns bisher bekannten Weltherrschaftssysteme (was natürlich neben der Krise auch Gelegenheit zur globalen Katharsis bedeuten kann) und lauschen, zum krönenden Abschluss, vielleicht noch dem Beschwichtigungsbariton unseres Oberheinzis Festtagsansprache und dem schweigenden Chor der anwesenden VertreterInnen der nationalstaatsfeierlichen Elite unserer Gesellschaft, der in einer Sprechblase ausgedrückt etwa so lauten mag: " Mir san mir und uns gehts guat, de Krise is weit weg, mir san neutral und Schuld san immer die anderen"!

Das alles habe ich mir heute eingespart. Ich sitze zu Hause, im Geiste mit euch verwundet, ganz der Deserteur (nein nicht der Hitlerwehrmacht, nur unseres Nazionalen Nachfolgegetüms „österreichisches Bundesheer“, das in den späten 60ern und frühen 70ern, noch ganz von Nazigeist durchweht und übrigens auch von Neonazioffizieren durchsetzt war, denke an die Eröffnung des Deserteursdenkmals, an die vielen Schicksale, die bis vorgestern nationalstaatlicherseits unbedacht und unbedankt geblieben sind,und das ist noch vornehm ausgedrückt, denn meistens wurden sie als Vaterlandsverräter verfemt, denke an meinen Vater Willi und an meinen Onkel Franz, die beide unter Lebensgefahr aus der Wehrmacht desertiert sind, mein Vater als 18jähriger aus der Marine, mein Onkel, fast noch ein Bub damals aus dem Volkssturm im Burgenland; endlich nach so langer Zeit können uns die offiziellen Geschichtslügner und Wahrheitszurechtbieger nicht mehr ein X für ein U vormachen, nein, es ist ein X, das da, massiv und panzerbrechend, ab nun so mutterselenallein – all alone – zwischen Bundeskanzleramt und Hofburg die Freiheit zum Widerstand, ob aktiv oder passiv, gegen totalitäre Unrechtsregime und deren  mörderische Massenpsychose Krieg, einmahnen und behaupten wird, und schreibe das alles nur als Einleitung meines Sonntages, um mich ein wenig zu verorten und mir das von Leib und Seele zu schreiben, das mir kurz nach dem Erwachen, sozusagen als Traumrest auf die Lippen meiner Sinne gekommen war. Dieser Tag soll, so wie alle anderen vor und nach ihm auch, mein X-Day sein!

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