Mit den Sternen auf du und du…
Es war so schön jung
zu sein, so unwiederbringlich schön in den Lavendelfeldern der Provence zu
liegen, zu zweit, oder auch alleine und mit den Wolken in den Süden zu fliegen,
leicht wie Azur. Alles war möglich, alles war offen, nichts war unerträglich.
Wir wurden nicht müde auf das Unmögliche zu hoffen und es kam auch immer
wieder, wie der Briefträger, tagtäglich zwischen den italienischen Alpen, der
Durance und dem Mont Ventoux, lagen wir
auf dem Rücken, mit den Sternen auf du und du und ließen uns vom Gesang der
Nachtigallen beglücken und pissten im Morgengrauen gegen den Mistral, einen
neuen, goldenen Strahl der unaufhaltsam Jungen, der ungeheuren Zahl von
unbeschreiblichen Neuerungen und nichts schmeckte schal, das Glas immer voll
und noch nicht zersprungen.
Wir badeten in
Morgenröte und fühlten laue Dämmerungen und es waren Pans Flöten, die unsere
Liebe begleiteten, die unsere Herzen weiteten, weitab von Verzweiflung und
Nöten. Das Leben lag vor uns wie die Hügel der Provence, das Leben war fête et
danse, Feste und Tänze, noch weit entfernt waren Hochzeits- und Trauerkränze
und heute spüre ich, wenn ich Moustaki höre, wir sind von der Freiheit, auf die
ich schwöre, nicht wirklich weiter entfernt als damals in unseren jungen
Jahren, als wir noch voller Träume waren und voller Sonne in den Haaren. Wie
eine alte Schachtel, auf einem Dachboden gefunden, Staub aufwirbelnd, öffnend
die alten Wunden, wie ein Geist aus der Flasche, steigt wild und froh, die alte
Zeit und sagt: he, ihr, haltet euch bereit, die Freiheit ist noch weit, aber
immer jung, mit den Sternen auf du und du…
Blitzartiges Credo
Das letzte
Tröstliche von dem wir in der letzten Stunde sicher umgeben sein werden, sind
unsere Erinnerungen, soferne diese tröstlich sind.
Am 23. Geburtstag meiner Tochter Elena
Alle diese Leben sind
mein Leben
Alle diese Momente
sind Teile eines Teiles, eines Teiles
Aus Teilen eines
Ganzen
Alle diese Gefühle
schlummern in mir
Wie eine
schweigende, tausendjährige Quelle
Die zu sprudeln
beginnt, unverzüglich
Wenn ein Ton, ein
Geruch, ein Licht
Etwas Vertrautes,
sie berührt.
Schwarze Wellen
Woher kommen die
Störungen, die an einem sonnigen Spätfrühlingstag schwarze Wellen der
Versagensangst bergen? Aus welchen längst vergangenen Schultagen,
Zeugnisverteilungen mit Nichtgenügendurteilen? Aus welchen längst verschlossen
geglaubten Särgen steigen die Mumien drohend empor und versuchen uns am Nacken
zu packen und singen dir traurige Weisen vor?
Erkenne diese
Störungen, lasse sie sein. Sie bringen dich nicht um, ja, stimme mit ein. Du
wirst sehen – sie vergehen wie sie gekommen sind mit einem blau lächelnden
Himmel, einem kleinen Sommerwind. Lasse sie sein, dann packen sie, früher oder
später, von selber ein und lassen dich sein.
Aggressiv sind die
Schwachen, die nicht die Stärke haben ihre Schwächen zu zeigen.
Genug von Stürmen
Untaugliches
Trostgedicht für Despina, nach dem Tod ihres Vaters
"Genug von Sturm, ein
lauer Wind will kommen jetzt."
Ich habe genug vom
Sturm
Ein lauer Wind wäre
willkommen jetzt
Und ein seidiges
Meer
Der oft vom Kopf
gerissene Hut
Wird wieder
aufgesetzt
Ein schattiger
Olivenhain
Freute mich sehr
Es wäre mir gleich
Wäre ich zu zweit
oder allein
Ich bin zu dritt,
mein Schatten
Ich und der der
denkt
Und meine Schritte
plant und lenkt
Wir drei sind auf
dem Weg zu Dir
Zum Wir
Zu einem Wir ohne
Bedrückung
Abhängigkeit, zu
einem lichten
Nie erreichbaren
Status der Freiheit
Und der Würde,
frisch und fröhlich, ohne Bürde
Die es erlaubt an
hellen und an dunklen Tagen
Ktankheit,
Gebrechen, Tod zu tragen
In tiefen Träumen zu
versinken
Und doch nicht darin
zu ertrinken
Denn irgendwann sind
wir durch unsere Wunden
Sind wir auch ganz
alleine, miteinander verbunden
Und wissen – wenn
ich heute weine
Kommen doch wieder,
morgen, frohe Stunden
Voll Freude und
Sinn, wo ich bin was ich bin.
In der Welt zu Hause, zu Hause in mir
Ich habe mich
eingenistet im Mist meiner Zeit
Mir mein Nest gebaut
in der Unsicherheit
Im Chaos des
sogenannten Ordnungswahns
Die Verortung ist
sozusagen Teil meines Plans
Und mein Plan ist
ein Spiel, mein Lebensspiel
Gebaut aus dem was
mir aus Zufall zufiel
Und immer wieder auch
aus freiem Willen
Um meinen Hunger
nach Liebe zu stillen
Ich verlasse jetzt
die Reime, diese Krallen der Zähmung
Die das freie
Fließen des Seins behindern
Die Wehre der
Sprache, Container der Gefühle
Waagschalen der
sogenannten Ausgewogenheit
An den Reglern der
Macht sitzen keine Götter
Der hündische
Nachbar, die diebische Elster
Die Fratze des
Mörders, der vom Blut der anderen lebt
Und ganz kultiviert
scheint, sicher ein integrierter Bürger
In Wahrheit ein
Schlächter. Ja, ich reime es und werde
Rückfällig: ein
Würger und Menschenverächter
Ich sitze ganz gut, eigentlich,
im Nistwerk der Lügen
Des Scheins und
spinne mich ein ins Netzwerk der Ohnmacht
Zur Zeit gut
verortet, träumend von Meeren, von Momenten
Die mir zur Heimat
werden könnten, zu einer temporären
Traumheimat, ähnlich
vergänglich wie das Zuhause
In meinem Körper
Die Seele hat kein
Maß, keine Zeit, keinen Raum
Nimmt alles auf,
reduziert sich zum Nichts mit
Unendlichem Reichtum
und wüster Stille
Die selbst noch die
entfernteste Zukunft birgt
Und dann weiß:
diesen Trost und nur diesen
Erkenne ich an.
Eingenistet im Mist meiner Zeit
Immer und überall
zum Aufbruch bereit
Ozeantropfen
Tropfen
Wenn du im Sturm
Des tumultuösen
Ozeans lebst
Bist du dir deines
Tropfenseins
Nicht so bewusst,
als hingest du
Alleine, als
Morgentautropfen
Unterm Blatt einer
Rose
Mensch, wie sollst
du dich
Als Mensch fühlen
Mitten in den
Hexenkesseln
Der Megalopolen
Wunderbarer
Ozeanwassertropfen
Mensch
Krawallier-Hymne
Hie und da und laut
und leise
Greif ich in die
braune Scheiße
Und (öster) reich
sie um mich rum
Manchmal klingt sie,
immer stinkt sie
Doch fast immer
Froide bringt sie
Dem verschissnen
Publikum
Niederträchtig
rumzukoten
Bringt dem Österschmierblatt
Quoten
Brünstig quiekt das
Strachelschwein
In der U-Bahn wixt
die Meute
Krachledern ins
Porno-Heute
froit sich nazi-anal
zu sein
Kuschn soll der
Auslandsgscherde
Weiber, marsch,
hinter die Herde
Hoamatland, es
bleibt dabei
Hirsche röhren,
Rehlein schmachten
Haken kreuzen Dirndltrachten
Tschuschen und
Emanzenfrei
Gurka-Burka
Schwätzehetze
Wirbelt auf die
Bodensätze
Doch zum Glück
gibt’s nicht nur die
Mehrheit, komm aus
der Reserve
Menschenrecht braucht
Mut und Verve
Und lebendige
Demokratie
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