Wir, das Volk, haben uns das Beste und die Besten verdient
Es ist halb fünf, der Himmel draußen ist klar. Die Nerven prickeln, ich
bin aufgewacht mit schwerem Kopf, in einer vollen Leere. Ein Tag noch,
dann die Wahl, in diesem kleinen Österreich. Ich fühle in mir alle Last
der Erdenschwere und frage mich wie es wohl wäre, wenn nach dem Sonntag
die ewig Gestrigen, in welcher Form und Farbe auch immer, gegen den Lauf
der Zeit, zügellos die Zügel übernähmen und wäre es auch nur für kurze
Zeit, es wäre zum Kotzen und zum Schämen. Nein, dazu ist dieses Land,
sind wir alle zu gut.
Ist es zuviel verlangt, von PolitikerInnen
anzunehmen sie wären kompetent und gäben, so wie die allermeisten von
uns, ihr Bestes? Wir sind es ja, die ihre Arbeit finanzieren, in deren
Dienst sie stehen. Wir, die Straßen und Häuser bauen, in den Schulen und
Universitäten lernen und lehren, Dächer decken, Müll beseitigen,
U-Bahnen, Flugzeuge, Züge lenken und dafür sorgen, dass das Leben für
alle Menschen hier möglichst gut erträglich ist. Wir stehen in den
Arztpraxen, machen Dienst in den Krankenhäusern, gehen von Wohnung zu
Wohnung, pflegen unermüdlich Alte und Kranke, wir ziehen unsere Kinder
groß, betreiben Fabriken, beackern die Felder, sorgen für Sicherheit und
friedliches Leben in Stadt und Land für alle. Die PolitikerInnen
sollten auf eine gut funktionierende Gesellschaft, deren Zusammenhalt,
möglichst gute Stimmung, sozialen Frieden achten und mit uns allen an
der gemeinsamen Lösung der großen, weltweit anstehenden Konflikte und
Probleme arbeiten.Wer von ihnen tut das? Wer hebt seinen Kopf über den
nationalen Tellerrand? Wer verdient unser Vertrauen?
Fühlen und
denken wir in uns hinein, lassen wir uns nicht belügen. Die öffentliche
Meinung hat mit der veröffentlichten Meinung nur sehr wenig zu tun,
genausowenig wie beauftragte, käufliche Umfragen. Lassen wir uns nicht
verführen und manipulieren, von übertrainierten Worthülsenproduzenten
und eitlen, egoistischen, korruptionsanfälligen, karrierebesessenen
Angstwindmühlenbetreibern!
Demokratie lässt sich nicht auf ein
lächerliches Kreuz im runden Kreis reduzieren. Sie muss im Alltag
lebendig sein. Sie ist eine sich ständig weiterentwickelnde, von allen
Menschen zu erbringende, schöpferische Kulturleistung, die auf soliden,
qualitätsvollen, unverhandelbaren Werten, Freiheits- und
Menschenrechten, sozialer Gerechtigkeit, gerechter Chancenverteilung,
politischer und kultureller Vielfalt, bestmöglicher Bildung und
Lebensqualität der menschlichen Gemeinschaften und vor allem dem
Friedenserhalt beruhen muss, will sie sich diese Bezeichnung verdienen.
Morgen findet eine wichtige Wahl statt, die mitentscheidet wohin sich
Österreich in Zukunft entwickeln wird. In Richtung derer die,
illusionär, die Zeit zurückdrehen wollen zu finsterer, nationalistischer
Kleinstaaterei, Ausgrenzung, Verschärfung der sozialen und kulturellen
Gegensätze, Abbau der sozialen Sicherheit, Aufhetzung der Menschen gegen
Menschen, Aufbau autoritärer Macht- und Führerstrukturen, Zerstörung
Europas, statt endlich Ausbau eines starken, sozialen, demokratisch
verfassten und weltoffenen Europas, oder in Richtung einer
menschenwürdigen Alternative. Einer kreativen, demokratischen Allianz
demokratischer Parteien, in Zusammenarbeit mit der vielfältigen
Zivilgesellschaft, für eine zukünftige Reformkoalition auf der Höhe der
Zeit und ihrer zahlreichen, komplexen, nur parteien- und
lagerübergreifend zu lösenden, Herausforderungen.
Wir haben die
Wahl. Wir werden Sonntag sehen wie gefestigt die Demokratie in
Österreich, wie stark verankert die Reformkraft der Kreisky-Ära in der
Bevölkerung noch sind. Ich meine und hoffe, dass wir nicht so blöd sind
wie es uns Boulevardmedien, unverantwortliche "Politberater" und
„Spindoktoren“ glauben machen wollen. Hoffen und wählen wir das Beste!