14. Juni 2015
Wir sehnen uns alle nach dem Vater,
der uns in die Arme nimmt und beschützt und verspricht: „Das wird schon wieder.“
Ich habe so einen Vater gehabt. Freundlich, tolerant, weltoffen,
verständnisvoll. Vielleicht zu verständnisvoll, was ich ihm, irgendwie auch in
der 68er Zeit, als Pubertät und soziales Aufbegehren Hand in Hand gingen,
übertrieben vorwarf, was ihn sicherlich kränkte.
Heute, bei allem was in der Welt
nicht mehr heil ist und ins Trudeln gekommen ist, weiß ich, dass mein Vater, der
mir mit 16 so weich und schwach und unengagiert und angepasst vorkam,
jedenfalls weit mehr das Bild vom „starken Vater“, dem der antifaschistische Großvater vordergründig
viel mehr entsprach, erfüllen konnte, eigentlich in all seiner Toleranz und
offensichtlichen Überfordertheit, ehrlicher und mutiger war, als so mancher
großsprecherische Angeber und Anführer.
Ich sitze heute, mit bald 63
Jahren, in einem Wiener Kaffehaus, genieße die kurze Arbeitspause und denke an
ihn zurück, in Liebe und Selbstkritik und auch voll von einer großen
Traurigkeit und doch aber auch Stärke. Und in beiden ist er da, lebendig,
begleitet mich, stützend und mit einer nicht zu tilgenden Narbe und Geborgenheit
vom Vorbild, mein Leben lang. Das weiß ich und dafür danke ich ihm.
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