willi stelzhammer – laut gedacht
Edition Sonnberg
Karl-Lothringer-Straße 81/26
1210 Wien
Tel 0650 328 68 70
Hier veröffentlicht der Autor Willi Stelzhammer sein (b)logbuch
18.3.23
26.11.22
Novembergedichte
12. November 2022
Heimat: Welt
Advent, Advent, die Erde brennt
G`hupft wie g`sprungen
Der Menschenwolf
19. November 2022
Konfession
19. November 2022
Der erste Schnee
21.5.22
Willi Resetarits, Kurt Ostbahn +
Rost & Draht
24. April 2022
Heute am frühen Nachmittag geschrieben, ehe ich am späten Nachmittag mit Entsetzen und Trauer vom Tod Willi Resetarits erfuhr. Lied ohne Namen ist der Titel eines großartigen peruanischen Filmes über die Suche einer jungen Quechua Mutter nach ihrem geraubten und später zur Adoption verkauften Baby, den ich gestern abend im Filmcasino gesehen habe und der mich sehr berührt hat. Das kleine vom Nachhall dieses Filmes inspirierte Gedichtchen widme ich dem Willi.
Lied ohne Namen
Das hohe Vergnügen am Leben zu sein
Wie das Grün in den Ästen
Allein, nicht allein
Sein Leben vertäuen, bereuen nichts bereuen
Ein Gast unter Gästen
Zwischen Hütten, Palästen
Komödien Dramen
bis zur Stille singen
Es zu Ende bringen
Mit altfrischem Klang
Bis zum Neuanfang
Das Lied ohne Namen
Mit dem wir im Herzen
Auf die Erde kamen
In Freude und Schmerzen
Mit dem Lied ohne Namen
24. April 2022
So schnö kaunns geh
So schnö kaunns geh, wors no so sche
So schnö is aus, so schnö bist z'haus
Klopfst aun de Tir und waßt ned wia
Da gschicht, wieso des Herz dia bricht
Dabei war do no no so vül z'tuan
Du bist do ned zum steam gebuan
De Wöd draht si a ohne di
Daunk sche fia ois, um di want sie
Und ned nua sie, mia aundan a
Willi, du losst uns ned alla
Du host as guat durt wo du bist
Weil du bist furt aus Schmorrn und Mist
Ka Oamut, kane Kriege mehr
Ka Druck, ka Hoss durt. nix is schwer
Weu in unsra Erinnerung, lebst weida, Willi, ewich jung
Und i und jeda klane Huatl wird gressa wean
Mit`n Ostbaun-Kurt`l
So schnö kaunns geh, wors no so sche
So schnö is aus, so schnö bist z'haus
Klopfst aun de Tir und waßt ned wia
Da gschicht, wieso des Herz jetzt bricht
25. April 2022
Danke Willi
Danke Albert Hosp und Musikredaktion von Ö1. Eure Sendung über Willi macht die Trauer gerade erträglicher. Hosp`s samtene Stimme tröstet professionell und freundschaftlich. Gehört gehört, echte Empfindung und Respekt. Wir, die Zivilgesellschaft, werden jetzt ohne Willi Resetarits weitermachen müssen. Seine bescheidene Beharrlichkeit und sein unerschütter-licher Einsatz gegen jede Form von Diskriminierung, Ausschluss, Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit, werden uns begleiten wie seine Lieder. Ein Mensch und Ausnahmekünstler ist nicht mehr und doch so präsent. Danke Willi!
71er Tramway
Fahrst min 71er jetzt ausse in de entern Grind
Wia da Hummelflug in da Tramway der sein Weg ned findt
Vurbei an de Stanmetz' und Gärtner, obe in Zenträu
und duat büslst wia mia olle fia a launge Weil
De Reh kumman di besuchn und de Eichkatzln a
Weilst nie brav warst kriagst a Eahngrab mid an Potzn Sta
Und daun wartst da drunt im Finstern bis de Sunn aufgeht
Weil zum Begräbnis, zum Begräbnis kummt ma nie zu spät
Olle Leid san pünktlich kumma, nua du bist ned do
Du bist obogn bei da Ostbaun, gaunz inkognito
Ka Mensch waß, wo du hi bist, oba du bist wo hi
Und mia stengan do und wartn und mia reahrn um di
Und mia stengan do und wartn und mia reahrn um di
26. April 2022
I wü no leb`n
I mog des easte Liacht vom Tag
A waunn i's ned oft siech
Des durch olle Ritzn kummt
Wia a ausghungerts Viech
I mag des Wochsei in da Nocht
Wo ma nua sein Herzschlog gspiat
I bin ja nua deswegn aufgwocht
Weil i wart auf a neiches Liad
Was im Frühling endlich aufbliaht
Und jetzt schlof i nimma ei
Weil i nimma schlofn kau
Und i gschpia dass i mi frei
Weil de Nocht wird laungsaum grau
Bald is hö und i bin no dabei
Mittndrin im bunt`n Lebn
Und i gschpia wia i mi gfrei
Muass den Leffel no ned ogebn
I deaf lebn, i deaf lebn, i wüll no leben
29. April 2022
Meine Zeit
Meine Zeit ist die Zeit, wo ich da bin für mich
Wo ich fühle wer ich bin, ist die Zeit ohne dich
Meine Zeit ist die Zeit wo ich ganz allein bin
In meiner Haut, meiner Seele ganz tief drin
Die allein mir gehört, wo mich niemand stört
Wo ich atme und döse und träume und sinne
Wo ich riesle und welke, immer neu beginne
Meine Zeit ist die, die ich mit niemandem teile
Das Gedicht das ich schreibe, Zeile für Zeile
Du brauchst auf sie nicht eifersüchtig zu sein
Nimm dir deine, lass mich mit meiner allein
Wenn ich leer bin, füllt sie mich wieder auf
Lass mir Zeit und Luft, dem Herz freien Lauf
Wenn du mir keine Zeit lässt, gehe ich ein
Vertrockne, verstaube, werde kalter Stein
Lass mich atmen, lass mich träumen allein
Dann werde ich auch morgen noch bei dir sein
Lebendig, beweglich, kann wieder was geben
Lass mir Zeit, lass mich frei, lass mich leben
Nur so kann ich dich morgen wieder lieben
Lass mir meine Zeit, lass mich unvertrieben
29. April 2022
Frühling am Friedhof
Mama und Papa im Abendlicht
In den Blättern der Pappeln
Im fahlblauen Himmel
Ich finde euch nicht
Ich finde euch nie mehr
Und doch fühle ich euch, jeden Tag
Etwas zieht uns hin zu den Gräbern
Zur Erde und zur Asche
Zu den golden glitzernden Buchstaben
Zur Illusion des Ewigen im Vergänglichen
Gibt es Trost? Das Krächzen der Krähen
In unseren Ohren? Die Gewissheit, dass über kurz oder etwas länger
wir auch dort sind wo ihr jetzt seid, oder nicht seid
Die Kriege haben diesen Erdball umgeackert
Unter den Fliederbüschen haben wir die Liebe erlebt
In den Wiesen sind wir gelegen unter anderen Wolken
Ist das uns Trost? Vielleicht
Vielleicht ist das so wunderbar Banale des Kommens und Gehens der Trost
Wissen, nein, hoffen, dass unsere Kinder und Enkeln
und die vielen noch ungeborenen Kinder dieselbe Chance haben werden wie wir.
zu atmen, zu riechen, zu schmecken, zu sehen, zu fühlen den Schmerz und die Liebe
diese nie fertige Welt um uns und in uns.
Mama und Papa, Omama, Opapa, ihr alle Freundinnen und Freunde, die ihr gegangen seid, ich umarme euch in Gedanken, ihr singt mir im Blut, ihr klopft in meinem Herzen ihr seid in mir da, wie dieser Friedhof im Frühling. Adieu, dank euch, leben wir noch und wenden uns den Lebenden zu.
30. April 2022
Auf dem Weg zur Praxis
Intensiver Geruch von Heu durchdringt Staub und Mief der Stadt
Licht und Schatten halten sich in Harmonie die Waage
Frühling setzt sich schmatzend zu Tisch, noch lange nicht satt
Fern tobt blutiger Krieg, hier färbt Goldlicht die Tage
Wir warfen die Schultaschen weg, sprangen ins duftende Heu
Warm roch frischgeschnittenes Gras, nach Frieden und Glück
Leben war weitgehend unbekannt noch, jeden Tag frisch und neu
Jetzt bringt dieser intensive Duft am Morzinplatz die Kindheit zurück
Nah sind sich Anfang und Ende, Leben und Tod, Absicht und Zufälligkeit
Dazwischen liegt Alltag, egal an welchem Punkt der Welt
Nah sind sich Friede und Krieg, Freude, vernichtende Grausamkeit
Stellt sich Überraschendes ein, und wir haben es gar nicht bestellt
Intensiver Geruch von Heu durchdringt Staub und Mief der Stadt
Licht und Schatten halten sich in Harmonie die Waage
Frühling setzt sich schmatzend zu Tisch, noch lange nicht satt
Fern tobt blutige Krieg, hier färbt Goldlicht die Tage
1. Mai 2022
Jetzt is a fuat, da Willi-Kuat
Da Willi tät si söba kane Traualiada singa
Da Willi zeigt dem Tod hechstns sein Mittelfinga
Steigt ei in schwoazn Autobus, pledert mit anj Schuss in Lethefluss
Spüt kan gscheidn Habakuk, zeigt uns sein Oasch und schaut ned zruck
Jetzt is a fuat da Willi-Kuat, im Chevi ohne Sichaheitsguat
Mia schaun in Auspuff, san no do, und er is jo scho vua uns duat
Zwischn d' Woikn in da Heh im Feia, mit da Rosie im Café
Und im Geblödel mitn Brödel tuat eahm ka Ban mea weh
A Eahngrob tät er, ums vareckn ned woin, de Ehre soi da Teife hoin
Buam, gstuam is gstuam, hauts mi jetzt endlich in de Gruam
Waunst dod bist haum di olle gean do rean de Krokodü in Wean
Zu Lebzeitn sans zu dia mies, waunst dod bist is um di a Griss
Jetzt is a fuat da Willi-Kuat, im Chevi ohne Sichaheitsguat
Mia schaun in Auspuff, san no do, und er is jo scho vua uns duat
Zwischn d' Woikn in da Heh im Feia, mit da Rosie im Café
Und im Geblödel mitn Brödel tuat eahm ka Ban mea weh
Bist gor oam und brauchst Asü, is todsicha, dass di kana wü
Aundas is, bist prominent, da kummans um a Söfie grennt
I brauch ka Denkmoi, Stroßn, Plotz, nur heats endlich auf mit Flüchtlingshotz
Und gehts den Faschos ned am Leim, nua so wer i am Lebn bleim
Und ned auf olle Engel speim
Jetzt is a fuat da Willi-Kuat, im Chevi ohne Sichaheitsguat
Mia schaun in Auspuff, san no do, und er is jo scho vua uns duat
Zwischn d' Woikn in da Heh im Feia, mit da Rosie im Café
Und im Geblödel mitn Brödel tuat eahm ka Ban mea weh