Shit happens
Als ich heute aus meinem täglichen kleinen, nächtlichen Tod aufwachte,
heiser, mit Kopfschmerz und hörte, dass Leonard Cohen gestorben war und
Trump immer noch amerikanischer Präsident ist und kein schlechter Traum,
dachte ich mir: Scheiße, shit happens.
Und ich setzte mich ans
Inter-„Spinnennetzt“, wohin sonst, und suchte in seinen unendlichen
Weiten Trost, den ich nicht fand, nur hie und da einen virtuellen
Grabstein, einen traurigen Cohen Song, ein dämliches Grinsen, einen
eitlen, gescheiten Spruch, die Föhnwelle im weißen Haus, Autobomben,
hohle Politikerphrasen – und ich fühlte einen fauligen Geschmack aus
allen Kanälen bis das graue Dämmerlicht des Morgens durch die
Karniesenritzen der Balkontüre läutete und ich dachte: Scheiße, shit
happens.
Da kracht gerade eine ganze Welt zusammen und da stirbt
eine leise, rauchige Stimme und das zerkratzt mir die Seele und will mir
die Stimme rauben; nicht nur mir, sovielen Millionen andren und dieses
brüchige Zusammengehörigkeitsgefühl, eine Ahnung davon, war schon
irgendwie sowas wie ein momentanes Trostpflästerchen, aber gleichzeitig,
das fühlte ich genau, im Grunde wirkungslos, denn: Scheiße, shit
happens.
Und dann werde ich doch wieder hinausgehen in diesen
grauen, neuen Novembertag und meinen Stein brav weiterrollen,
irgendeinen Scheißberg hinauf. Zur Dezemberwahl, gegen die Festung
Europa… Trump Präsident – lächerlich. Cohen gestorben – furchtbar. Aber
so ist das: shit happens.
Für mich aber ist Donald Trump
gestorben und Leonard Cohen Präsident. Und nicht nur für mich. Und
gleich fühl ich mich wieder besser und lebendig.