Poetisches fingerfood
während der Erich Fried-Lesung von Frank Hoffmann, begleitet von
mg3, im Novomatic-Saal, am 31. 3. 2012.
Erich
Wie sehr solltest du her
klein, bebrillt, witzig und
mit einem Herzen
aus Zunge und Liebe
In diesem betuchten Haus
wärst du ein Dorn
im Portemonnaie
wo sonst das Herz sitzt
Du wärst der Kontrapunkt
in ausgebeulten Hosen
mit an den Ellenbogen
lederverstärktem Tweed-Sakko
Zeitenblick, kein Seitenblick
ohne Film, ohne Tam tam, ohne Pomp
einfach du, aber mit deiner Liebe
zur Wahrheit und Ehrlichkeit
und Einfachheit.
Wie sehr du fehlst
in diesem eigenartigen
leeren Getöse
Du, mit der Schmeichelstimme
des Haus- und Hof-Haberers?
Wie sehr du fehlst
Und wärst trotzdem erfreut,
dass Gedichte und Gedanken
erklingen.
Unentseelbare Seele
eines kleinen, aufmüpfigen
Liebhabers der treffenden
Worte
Freude
und Liebe
Wir brauchen keine
Nachmacher und Vormacher
Wir brauchen keine Macher
Wenn die Macher
ewig so weitermachen
droht dem Leben Ungemach
Wir brauchen Freude
Wir brauchen Liebe
Nichts was machbar wäre
Alles was ist, sich ereignet
Begegnung in der Komplexität
des Zufalls
Wir brauchen
Freude und Liebe
und Zärtlichkeit
Nichts eingemachtes
Nichts ausgemachtes
Einfach was ist.
Tun
was wir nicht können
Wir können die Jahre nicht halten
Wir können nicht glätten die Falten
Wir halten den Fluss nicht auf
Wir können ihm nicht entsteigen
Wir können uns nicht verschweigen
Wir nehmen seinen Lauf.
Die Einsamkeit des Verschwindens
ist nicht mit Worten zu bemänteln
das Sterben nicht zu besänftigen
Der Tod ist nicht süß
Und doch verbannen wir die Angst
mit Gedichten aus Gesichtern
die verschwinden
Liebe
Nie wieder erblüht sie
Nie wieder die selbe
Und doch Liebe
Wir vergehen
und gehen ihr nach
und erreichen sie nie
Und doch Liebe
in den Augensternen
des Anderen
in den Tränen
und im Stöhnen
unter wechselnden Himmeln
Und immer der selbe
Und immer die
immer nie Liebe
Beg-Ähren
Ach wie die Traurigkeit
hinter dem Staudamm
vor dem Kraftwerk sich aufstaut
zu gigantischer Kraft
Wie die Turbinen
des Frühlings erblühen
und pflügen der Tage
Gezeiten
Ach wie die Traurigkeit
sich Bahn bricht und übertritt
Und aus dem Weizen meiner Haut
werden Ähren im Sturm
und ich will dich liebkosen
Hochzeit
Die Hochzeit der Menschen
liegt noch weit vor uns in der Ferne
Aber die Ringe tragen wir schon
und die Schuhe lasst uns putzen
und schmücken die Tage
mit Lampions aus Mond und Sonne
und Meerschaum und Traum
Die Hochzeit der Menschen
Liegt noch vor uns
Aber tanz den Hochzeitstanz
den können wir schon
beginnen
Was
uns zusammen hält
Was hält uns noch zusammen
Der Kitt der vergangenen Zeit
Die Seife der Sorgen
Die Schalen der Hoffnungen
Die Häute der Sehnsucht
Der Kleister der ungerührten
Anpassung
Was hält uns zusammen
Der Druck von Außen
Die Leere von Innen
Was hält uns zusammen
Die Angst vor dem Verlust
Die Lebenslust
Wie
gut
Du bist noch da
Wie gut das ist, dass du da bist
Ich bin noch da
Wie gut das ist, dass ich noch da bin
Wir berühren uns ohne uns zu berühren
Wir fühlen uns ohne uns zu fühlen
Wir sind da. Wir sind einander nah
Wie gut das ist, dass wir da sind
und uns nah sind
Wie gut das ist, zu wissen, dass es
dich gibt
Wie gut das ist zu wissen
wie das ist, wenn man/frau liebt
Quadrat
Unvergesslich, d ieser leichte
Augenblick
in diesem weltentrückten Quadrat aus
Blüten
in dem wir nackt frühstückten
Mitten im Nabel der Welt
werde ich ewig mit dir liegen und
schweben
mein ganzes Leben lang
in diesem mittagshellen, duftenden
Bett, mit dir
Mit dir